Über AVWF

 

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Die AVWF besteht aus 10 Einheiten pro einer Stunde modulierter Musik hören.

Vor und nach der AVWF findet immer eine Testung, Analyse und Beratung statt.

Die Kosten für eine AVWF sind 1530,00 €

Familienangehörige zahlen die Hälfte bei gemeinsamer AVWF.

 

Mit der Audiovisuellen Wahrnehmungsförderung (kurz: AVWF) können bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen Lern- und Aufnahmefähigkeit, Motorik sowie mentale und körperliche Leistungsfähigkeit verbessert werden. Dazu werden Schallwellen in einem Musikstück derart moduliert, dass sie über in der Mittelohrmuskulatur gelegene Nervenfasern das autonome Nervensystem stimulieren und wieder in Balance bringen.

Schon nach wenigen Trainingseinheiten stellen sich in der Regel die ersten Erfolge ein, da durch die über Kopfhörer dargebotene und wahrgenommene schallmodulierte Musik im Unterbewusstsein bereits vorhandene biogenetische Muster wieder neu stimuliert werden. Die positive Beeinflussung des autonomen Nervensystems wirkt sich auch auf das Lernvermögen aus: Ohne aktives Üben erhöht sich die Geschwindigkeit, mit der Informationen im Gehirn verarbeitet werden können. Das Gehirn wird schneller und so auch die Leistungsfähigkeit des Organismus erhöht.

Um die Wirkweise der AVWF besser verstehen zu können, ist ein kurzer Exkurs zur Entwicklung des autonomen und zentralen Nervensystems nötig.
Paul D. MacLean (1990) geht davon aus, dass sich unser Gehirn stufenförmig entwickelt hat. Man könnte es sich vereinfacht als eine Art „Gehirngebäude“ mit verschiedenen Verarbeitungsteams vorstellen.

Der entwicklungsgeschichtlich älteste Gehirnteil, der sogenannte Hirnstamm, befindet sich im Erdgeschoss unseres Gehirngebäudes. Er regelt über reflexiv gesteuerte neuronale Kreisläufe unsere fundamentalen Grundüberlebensinstinkte. Erst mithilfe des später entwickelten Limbischen Systems (1. Etage unseres Denkgebäudes) wurden Lebewesen in die Lage versetzt, Informationen aus der Umwelt mit Informationen aus der Innenwelt zu verbinden. Dies bildet die Basis für emotionales Erleben und ermöglicht begrenzt ein erstes Entscheidungsverhalten.

Den stammesgeschichtlich jüngsten Teil, bildlich gesehen die Chefetage, bildet die Großhirnrinde (Cortex). Diese ermöglicht uns die bewusste Verarbeitung von Sinnesreizen, also all jene Prozesse, welche den Menschen als solchen auszeichnen (Denken, Planen, Entscheiden etc.). Darüber hinaus weist die Großhirnrinde starke Verbindungen sowohl zum Limbischen System als auch zum Hirnstamm auf, was für die Reizverarbeitung von zentraler Bedeutung ist. Um mit den komplexen Anforderungen unserer Lebenswelt zurechtzukommen, ist es besonders wichtig, dass die drei weitestgehend unabhängig nebeneinander existierenden Anteile mit ihren spezifischen Funktionsweisen harmonisch zusammenarbeiten.

 

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Polyvagale Theorie

Auch unser autonomes Nervensystem, welches über Rückkopplungsschleifen lebenswichtige Körperfunktionen wie u.a. Atmung und Herzschlag reguliert, hat sich phylogenetisch stufenweise entwickelt. Stephen Porges geht dabei von einer Zweiteilung des Nervus Vagus (10. Hirnnerv) aus und weist in seiner polyvagalen Theorie (1995/2001) auf dessen immense Bedeutung innerhalb der parasympathischen Regulierung unseres Nervensystems und damit auch unseres Verhaltens hin. So unterscheidet er drei getrennte neurale Schaltkreise, die jeweils verschiedene adaptive Verhaltensstrategien ermöglichen.

Der entwicklungsgeschichtlich älteste Komplex, der dorsale Vaguskomplex, wird über die Wahrnehmung lebensbedrohlicher Gefahr aktiviert und fördert die Konservierung von Ressourcen durch passive Vermeidung sowie Immobilisation (Ohnmacht, Totstellref ex etc.). Das Vorherrschen des dorsalen Vaguskomplexes kann man vor allem in wenig günstigen Verhaltensweisen wie Rückzug, Apathie, Resignation, Demotivation und Interesselosigkeit erkennen. Bei Kindern weisen Symptome wie ADS, Einkoten/Einnässen, wenig soziale Verhaltensweisen, geringe Mimik etc. auf eine überwiegend dorsale Regulierung hin.

Das sympathische Nervensystem wird über die Wahrnehmung von Gefahr aktiviert. Es fördert Verteidigungs- und Notfallreaktionen durch die Mobilisation von Ressourcen im Sinne des bekannten Kampf- oder Fluchtverhaltens. Dabei wird sehr viel Energie benötigt. Ist das sympathische System einmal aktiviert, ist es auch schwer wieder abzuschalten. Folgen können dann unangemessene Reaktionen wie Angst und Aggressivität, bei Kindern ADHS, ebenso wie die Vorstufe des bekannten Burn-Out-Syndroms sein.

Auf Nummer sicher: der ventrale Vaguskomplex

Der ventrale Vaguskomplex beschreibt nach Porges den stammesgeschichtlich neueren Anteil des autonomen Nervensystems, der Entspannung und Gelassenheit fördert, indem er den Einfluss des Sympathikus auf das Herz hemmt. Neuroanatomisch ist er zudem mitn Hirnnerven verbunden, die Sprache und Mimik steuern. Aus diesem Grund bezeichnet ihn Porges auch als Teil eines sogenannten „sozialen Kontaktsystems“, welches die Steuerung der Gesichts- und Kopfmuskeln erlaubt und hierüber auch unser soziales Verhalten beeinflusst.

Das Problem: Der ventrale Vaguskomplex schaltet sich nur ein, wenn der Mensch seine Umgebung als ausreichend sicher wahrnimmt. Woher weiß unser Nervensystem jedoch wann die Umwelt sicher, gefährlich oder lebensbedrohend ist? Anders ausgedrückt: Wodurch erfolgt letztlich die Aktivierung welchen Teiles des autonomen Nervensystems? Die Antwort: durch Neurozeption.

Neuronale Schaltkreise, sogenannte Feedback- bzw. Rückkopplungsschleifen, helfen uns, das aktuelle von einer Situation ausgehende Risiko über die Verarbeitung von Sinnesinformationen ständig zu bewerten. Um effektiv zwischen defensiven und prosozialen Verhaltensstrategien umschalten zu können, muss unser Nervensystem also stetig Risikobewertungen vornehmen und entsprechend zwischen den verschiedenen Hirnstrukturen umschalten. Leider kommt es jedoch sehr oft zu einer falschen Einschätzung des Risikos; das Stammhirn kann nicht immer zwischen wirklicher Gefahr und harmloser Situation unterscheiden. In solch einem Fall zeigen wir wenig an die Situation angepasstes Verhalten, da wir je nach physiologischem Zustand nur Zugriff auf eine begrenzte Auswahl sozialer Verhaltensweisen haben.
Unsere Verhaltensreaktionen werden also immer durch das Zusammenspiel der verschiedenen Vaguskomplexe mit dem sympathischen Nervensystem geregelt. Die drei neuronalen Schaltkreise sind hierarchisch strukturiert, d. h. das jeweils jüngere Programm unterdrückt das ältere.

Bloßer Überlebenskampf

Kommt es jedoch aufgrund dauerhaften Stresses (z.B. ständige Reizüberflutung etc.) zu einem ineffizienten Funktionieren der höheren (also neueren) Funktionen des autonomen Nervensystems, so übernehmen die niederen Anteile die Steuerung. Das Leben der Betroffenen nimmt dann die Charakteristik eines bloßen Überlebenskampfes ein, in dem prosoziales Verhalten und kognitive Steuerung kaum mehr möglich sind.
Die Bedeutung der Mittelohrmuskeln

Die akustische Umgebung in unserer modernen Welt wird von einer Vielzahl niederfrequenter Geräusche dominiert, welche die höherfrequente menschliche Stimme leicht überdecken können. Hier wird die immense Bedeutung der parasympathisch innervierten Mittelohrmuskulatur ersichtlich: Über den kaum bekannten Steigbügelmuskel (musculus stapedius) reguliert der Nervus Vagus nämlich auch die Steifheit der Gehörknöchelchenkette. Nur wenn diese ausreichend steif ist, wird die Lautstärke von niederfrequenten Geräuschen zum Innenohr gedämpft, was uns eine adäquate Entschlüsselung und Interpretation akustischer Reize durch das Großhirn ermöglicht (Borg & Counter, 1989).

Gelingt es dem Organismus hingegen nicht, die niederfrequenten Töne zu dämpfen, so kommt es zu einer massiven Überflutung des Organismus mit akustischen Reizen, was den Organismus in einen Zustand ständiger Alarmbereitschaft versetzt. In der Folge können sich verschiedene Verhaltensstörungen entwickeln. Darüber hinaus ist es für die Betroffenen zumeist extrem schwierig, den Inhalt menschlicher Sprache zu verstehen. Typische Folgeerscheinungen können dann Störungen des Sprachverständnisses oder der Aussprache sein, aber auch Konzentrations- und Gedächtnisprobleme treten gehäuft auf.

 

 

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Wie funktioniert AVWF?

Durch die musikalische Stimulation des autonomen Nervensystems – insbesondere des Nervus Vagus – wird die Regulation zwischen autonomem und zentralem Nervensystem verbessert. Dabei werden die eingebetteten Impulse über die vom Vagusnerv innervierte Mittelohrmuskulatur zum einen an das Großhirn (=Bestandteil des zentralen Nervensystems) und zum anderen an das autonome Nervensystem weitergeleitet. Durch das zeitgleiche Takten afferenter und efferenter Nervenfasern des Vagusnervs kann so die falsche Reihenfolge der Aktivierung unseres Nervensystems bei Stress korrigiert und dadurch das innere Gleichgewicht wiederhergestellt werden.

Darüber hinaus wird dem Gehirn ständig eine Art Sicherheitsempfinden vermittelt, welches sich aus der Entstehung von Vier-Hz-Frequenzen im EEG rückschließen lässt, die sonst nur im Tiefschlaf, also im Zustand tiefster Entspannung, auftreten. So kann der Körper letztlich zur inneren Homöostase (Wiederaktivierung des ventralen Vaguskomplexes) zurückkehren, womit die Basis für eine Verbesserung höherer Körperfunktionen gelegt wird.

Stress und seine Auswirkungen

Der Begriff „Stress“ geht auf Forschungen von Hans Selye zurück. Er definiert Stress „als unspezifische Antwort des Organismus auf die Störung des [inneren] Gleichgewichts und als den Versuch, dieses Gleichgewicht wiederherzustellen“ (Birbaumer & Schmidt, 1999). Selye postuliert damit erstmals, dass verschiedene Stressoren auf biologischer Ebene bei allen Menschen dieselben drei Reaktionsstadien hervorrufen und unterscheidet:

I) Alarmreaktion
In diesem Stadium nimmt der Organismus die Überstimulation/Belastung wahr. Dieser versucht der Organismus durch Mobilisierung aller Kräfte entgegen zu wirken. Es kommt zu einer Alarmreaktion, die mit der Aktivierung des Sympathikus einhergeht.

II) Widerstandsstadium
In diesem Stadium versucht sich der Organismus durch dauerhafte Mobilisierung von Ressourcen der Belastung anzupassen. Sichtbar wird dies u.a. in einem erhöhten Ruhepuls. Wird die Anpassungsfähigkeit überschritten bzw. kann der Organismus die benötigte Energie zur Bewältigung der Belastung nicht mehr bereitstellen, tritt das dritte Stadium ein.

III) Erschöpfungsstadium
Im Erschöpfungsstadium geht die Kapazität der Anpassungskräfte verloren. Es kann nicht mehr genügend Energie bereit- und die Stressbewältigung nicht mehr sichergestellt werden. Der Organismus ist überlastet. Die Erschöpfungsphase geht u.a. mit einem stark erniedrigten Ruhepuls einher.

Vor allem bei chronischem Stress wird oft die anfängliche Alarmreaktion übersprungen und der Organismus befindet sich dauerhaft im Widerstands- oder im Extremfall auch im Erschöpfungsstadium. Dabei sind diese Stadien gewissermaßen gleichzusetzen mit dem Vorherrschen der älteren Systeme (Sympathikus und dorsaler Vagus) im autonomen Nervensystem.

 

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Vollbringt der Organismus stetig Höchstleistung (andauernder Anspannungs- und Aktivierungszustand), so führt dies früher oder später zum „Verschleiß“, was sich in unterschiedlichen Symptomen zeigen kann, u.a.

Konzentrationsprobleme ergeben sich u.a. aufgrund der Auswirkungen von Stress auf die Reizverarbeitung. So erfolgt bei Vorherrschen der älteren Systeme im autonomen Nervensystem (Sympathikus, dorsaler Vagus) keine bzw. nur eine verlangsamte Verarbeitung von Reizen über die Großhirnrinde. Die Situationsbewertung und Entscheidungsfindung durch das Großhirn ist dadurch eingeschränkt, wenn nicht sogar komplett unterbunden und der Körper reagiert mit Abwehrreflexen oder erstarrt in einer Schreckreaktion.

Informationen aus der Umwelt können unter permanenter Belastung also nicht mehr effizient und adäquat verarbeitet werden. In der Folge werden auch Reaktionen auf ungefährliche Situationen ausschließlich vom impliziten Gedächtnis gesteuert. Mehr noch: Während das Großhirn seine Aktivitäten beinahe einstellt, tritt bei den impliziten Schaltkreisen genau das Gegenteil ein. Informationen werden nicht mehr vorgefiltert, sondern gelangen uninterpretiert und mit einer höheren „Bit-Rate“ als normal in den Organismus. Durch diese Reizüberflutung wird ständig nach Aus- und Fluchtwegen gesucht bzw. nach Möglichkeiten für Gegenangriffe. Kommt es also aufgrund einer schlechten Regulierung im autonomen Nervensystem zu einem ineffizienten Funktionieren höherer Funktionen, so gewinnen die niederen Anteile die Oberhand und Steuerung.

 

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Literaturnachweis

Borg, E. & Counter, S.A. (1989). The Middle-Ear Muscles. Scientific American, 261(2), 74–78.

BioSign GmbH (2009). Anleitung zum HRV-Scanner V 1.5.

Birbaumer, N. & Schmidt, F.R. (1999). Biologische Psychologie.Berlin, Heidelberg: Springer-Verlag.

MacLean, P. D. (1990). The triune brain in evolution: role in paleocerebral functions. New York: Plenum Press.

Pöppel, E. (1985). Grenzen des Bewußtseins. Stuttgart: Deutsche Verlagsanstalt.

Porges, S.W. (1995). Orienting in a defensive world: Mammalian modifications of our evolutionary heritage. A Polyvagal Theory. Psychophysiology, 32, 301–318.

Porges, S.W. (2001). The polyvagal theory: phylogenetic substrates of a social nervous system. International Journal of Psychophysiology, 42, 123–146.

Schönweiler, R. & Ptok, M. (2000). Phoniatrie und Pädaudiologie. Hannover: Eigenverlag.

Servan-Schreiber, D. (2004). Die neue Medizin der Emotionen. München: Antje Kunstmann Verlag.

Thompson, R.F. (2001). Das Gehirn. Von der Nervenzelle zur Verhaltenssteuerung. Heidelberg, Berlin: Spektrum Akademischer Verlag.

Trepel, M. (2004). Neuroanatomie. Sturktur und Funktion. München, Jena: Urban & Fischer Verlag.

Uttenweiler, V. (1996). Diagnostik zentraler Hörstörungen, auditiver Wahrnehmungs- und Verarbeitungsstörungen. Sprache, Stimme, Gehör, 20, 80-90.

Internetquellen:

http://www.stress-ratgeber.de

http://www.hrv24.de

http://www.palverlag.de/Stress-Burnout.html

http://www.onmeda.de/krankheiten/krankheitsgebiete.html

http://www.curado.de/Neurologische-Erkrankungen-119

http://www.deam.de/krank/00029.htm

http://de.wikipedia.org/wiki/apallisches_Syndrom

(letzter Zugriff 07.02.2011)